Tränenfest in der Wies

Wies - Das Tränenwunder vor 284 Jahren, am 14. Juni 1738, war der Ursprung der Wallfahrt zum Gegeißelten Heiland auf der Wies. In Erinnerung daran feierten zahlreiche Gläubige aus nah und fern das traditionelle Fest der Tränen Christi mit. Es war eine gute Idee von Kurat Florian Geis, dazu als Festprediger Prälat Georg Kirchmeir einzuladen, auf dessen Initiative das Tränenfest einst eingeführt wurde. Erfreut zeigten sich alle Gottesdienstbesucher, dass der allseits beliebte Geistliche in seiner Aufgabe als Seelsorger noch immer ganz aufgeht. Mit der Hand am Puls der Zeit und dem Ohr am Herzen Gottes. Das Tränenfest verinnerlicht wie kein anderes Fest, wie die Wies mit ihrem Gnadenbild auf alle mit Mühsal Beladenen Trost ausströmen will und lichtvolle Hoffnung zu vermitteln mag. Ausdruck dieser Hoffnung ist immer wieder auch die Musik in diesem Thronsaal Gottes. Inspiriert aus gläubigen Herzen vollbrachten die Sängerinnen und Sänger des „Vilniaus Sakralines Muzikos Choras ADORAMUS“ unter Leitung von Imantas Jonas Marijus Simkus eine gelungene Symbiose von Musik und Theologie. Ein überwältigendes Halleluja zum Lobpreis des Herrn. Damit nicht genug. Nach dem Schlusssegen leiteten die begnadeten jungen Naturstimmen in ein Konzert vom Feinsten über. Zunächst von der Orgelempore, dann verteilt über das ganze Kirchenschiff und abschließend vor dem Altarraum. Gerührt vom nicht enden wollenden stehenden Applaus, dankte Kristina Kuzminskaite Dr. Regine Kiefer von der Eleonora Schamberger-Stiftung für die Übernahme der Kosten. Ihr Dank galt ebenso dem Kirchenchor Steingaden, der den Studentenchor aus ihrer Heimat Vilnius in Litauen aufgenommen und versorgt hat. Dank der Akustik des genialen Baumeisters Dominikus Zimmermann waren die brillanten Solostimmen ohne Mikrophon überall gut zu hören. Ein Erlebnis wiederum war für die Teilnehmer die immer zum Tränenfest stattfindenden Männerwallfahrt der Diözese Augsburg. Unter der bewährten Leitung von Diakon Gerhard Kahl waren sie heuer gleich eine ganze Woche von Lindau aus zu Fuß unterwegs in die Wies. Neben dem Zelebranten, Wieskurat Florian Geis, standen auch sein Vorvorgänger Prälat Georg Kirchmeir sowie die Diakone Armin Eder und Gerhard Kahl mit am Altar. „Das Jahrtausende alte Wort „die Welt ist voller Tränen“ des römischen Dichters Vergil gilt für alle Zeit und Ewigkeit“, stellte Prälat Georg Kirchmeir an den Beginn seiner Predigt. Angefangen von den persönlichen Tränen über die Tränen in unserer Welt bis hin zur geschundenen Schöpfung. Und da geschieht – mitten in unserem Leben und immer wieder neu auch in unseren Tagen – etwas Großes und Wunderbares: das Tränenwunder am Gegeißelten Heiland in der Wies. Die Tränen Jesu sind Tränen für und über uns. In ihnen weint die Liebe Gottes, über uns und mit uns. Seine Tränen sind Mit-Leidenschaft mit uns und diese Tränen laden uns ein zum solidarischen Mitleiden mit unseren Mitmenschen, zum Füreinander und Miteinander. „Wir leben in einem Tal der Tränen“, stellte Georg Kirchmeir deutlich heraus, „aber wir sind nicht allein, der Gegeißelte Heiland weint mit“. Die Tränen sind der Weg der Wahrheit und des Lebens, den wir mit Gott und Miteinander gehen. Und auf dem wir aus dem Chaos von Hass und Krieg zum Frieden finden. „Der Friede ist allweg in Gott und Gott ist der Friede“, sagte schon der Landjugendpatron Klaus von Flüe. Es gehe leider nicht ohne Kreuz und Tränen in unserem irdischen Leben. Doch wer mit dem Gegeißelten Heiland durch das Tal der Tränen gegangen ist und für den sich das Tor zur Ewigkeit geöffnet hat, der begegnet dem auferstandenen wiederkehrenden Herrn, thronend auf dem Regenbogen.
„Er wird alle Tränen abwischen und wir dürfen zu Tische sitzen in seinem Reich“, blickte Prälat Georg Kirchmeir hoffnungsvoll in die Zukunft.
Gerhard Heiß