Tränenfest - Nachlese

„Beim Gegeißelten Heiland dürfen alle ihre Tränen loslassen, denn er hat sie schon geweint. Die geistlichen Sterne der Wies mögen uns auch weiter leuchten.“ Bischof Bertram Meier ist sich mit Monsignore Gottfried Fellner einig, dass die Wieskirche nicht zu einem Museum oder einem der schönsten Konzertsäle der Welt verkommt. Den Gläubigen brachte er zugleich die Botschaft mit, dass Gottfried Fellner auch mit 75 Jahren der Wiespfarrer bleibt.
Und wenn die Corona-Pandemie vorbei ist, denkt der neue Seelenhirte an eine diözesane Dankwallfahrt zum Gegeißelten Heiland auf der Wies. Zu Beginn des Pontifikalamts, das von Organistin Kristina Kuzminskaite, Bläsern und dem Monika-Dreigesang aus Seeg feierlich mitgestaltet wurde, gratulierte Gottfried Fellner dem neuen Bischof zu seiner Weihe und sprach die Hoffnung aus, dass er die Hand am Puls der Zeit und das Ohr am Herzen der Menschen halten kann: „Unserer Diözese erbitten wir, dass unter Deiner Hirtensorge die Menschen spüren können, dass die Kirche Augsburg eine geistliche Heimat sein kann für alle Menschen, die auf der Suche nach Sinn und Orientierung sind.“
Fest verwurzelt im Lechrain ist der langjährige Domprediger quasi ein „Eigengewächs“ im Bistum des Heiligen Ulrich. Erfreut stellte er bei seiner Anfahrt fest, dass auch Professor Pörnbacher mit Familie, Bruderschaftsälteste Marlene Wieser und viele mehr hier sind, die er schon lange kennt. „Die jubilierende Rokokokirche hat ihren Ursprung in einem „Tränenwunder“, das sich am 14. Juni 1738 ereignete und an die Tränen erinnert, die Jesus weinte.“ Bischof Bertram Meier wies in seiner Predigt auf drei Sterne hin, die in Fresken und Altarblättern den geistlichen Schatz des Gotteshauses und die Botschaft des Tränenfestes aufschlüsseln. „Jesus, von einer Frau getragen (die Sünderin, die ihm die Füße salbt), Jesus, von seinem Freund verleugnet (Petrus am Kohlenfeuer) und Jesus, von den Menschen gegeißelt. Auch das Sterben ist Teil des Lebens.
Bertram Meier stellte heraus: „Die Krankheit unserer Zeit besteht darin, ohne Leid leben zu wollen. Corona hat uns die Grenzen aufgezeigt. Unsere Zeit war glaubensvergessen und lebensversessen!“ Die Botschaft der Wies mündet am Himmelstor über dem Ausgang. Diese Tür zeichnet in ihrer Täfelung das Kreuz; dessen Schnittpunkt ist das Schlüsselloch. „Wenn wir Eucharistie feiern, dürfen wir durch das Schlüsselloch in den Himmel schauen“, machte der Bischof deutlich. Ungebrochen ist das Vertrauen der Menschen zum Gegeißelten Heiland, und so ziehen in alter Verbundenheit nach dem Pontifikalamt die Wallfahrer aus Balzhausen ein.
GERHARD HEISS